Radwegbenutzungspflicht

Reförmchen für Radfahrer

Radwege erhöhen an manchen Stellen das Unfallrisiko um das 12fache. Das ist nun auch dem Gesetzgeber aufgefallen. Ab 1. September 2009 greift in Deutschland eine Novelle der Straßenverkehrsordnung. Geht die aber weit genug?

Klingt paradox, ist aber so: Radwege sind unsicher. Und jeder Radfahrer, der sie benutzt, weiß das auch: Da werden Türen aufgerissen, schießen Autos aus Einfahrten und Fußgänger torkeln ohne zu schauen auf den Weg. Hansguggindieluft lässt grüßen. Vom Zustand des Weges ganz zu schweigen: Schlaglöcher, Scherben, Rollsplitt.

Daneben auf der Straße ist alles sauber und gut – aber: Ein blaues Schild zwingt uns dazu, den Radweg zu benutzen. Tun wir das nicht, kann es teuer werden. Teuer, weil wir Geld bezahlen müssen, wenn die Polizei uns erwischt. Noch teurer, wenn ein Selbstjustiz übender Autofahrer uns ein Lektion erteilen will – die kann uns nämlich Gesundheit und Leben kosten.

Da klingen Meldungen wie die von Stern.de wie eine Erlösung: „Vom 1. September an dürfen Fahrradfahrer wählen, ob sie den Radweg oder die Straße nehmen“, steht da. Schön wär’s.

Die Wahrheit sieht anders aus: Ein blaues Schild bleibt ein blaues Schild. Und dort wo ein solches zu sehen ist, hat der Radfahrer den Radweg zu benutzen. Basta.

Was ändert sich also?

Einige interessante Passagen aus der Novelle:

9 2. Benutzungspflichtige Radwege dürfen nur angeordnet werden, wenn ausreichende Flächen für den Fußgängerverkehr zur Verfügung stehen. Sie dürfen nur dort angeordnet werden, wo es die Verkehrssicherheit oder der Verkehrsablauf erfordern. Innerorts kann dies insbesondere für Vorfahrtstraßen mit starkem Kraftfahrzeugverkehr gelten.

3 II. Radwege müssen ausreichend breit sein, um auch in Stunden der Spitzenbelastung ein gefahrloses Miteinander von Radfahrern und Inline-Skatern/Rollschuhfahrern zu gewährleisten.

Sehr begrüßenswert:
3 Verkehrszeichen dürfen nur dort angebracht werden, wo dies nach den Umsänden geboten ist. Über die Anordnung von Verkehrszeichen darf in jedem Einzelfall und nur nach gründlicher Prüfung entschieden werden; die Zuziehung ortsfremder Sachverständiger kann sich empfehlen.

5 2. Die Flüssigkeit des Verkehrs ist mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu erhalten. Dabei geht die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer der Flüssigkeit des Verkehrs vor. Der Förderung der öffentlichen Verkehrsmittel ist besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

Fazit: Die Durchführung macht’s

Am Ende bleiben offene Fragen: Was ist mit den jetzigen blauen Schildern? Werden Sie zurückgebaut? Und schon vorher sollte das Schild, das die Radwegbenutzung vorschreibt nur in Sonderfällen aufgestellt werden. Die Kommunen haben es dennoch gemacht. Wer also überwacht das? Wo kann der Bürger sich hinwenden, wenn er ein Schild ungerechtfertigt findet?

Mein Fazit: Die Durchführung wird zeigen, wie sinnvoll die Novelle war. Aber ehrlich: Viel Hoffnung habe ich nicht, denn aus meiner Erfahrung stehen die Kommunen auf Seiten der Autofahrer – Hauptsache sie fühlen sich nicht gestört.

Noch mehr gedient als mit einer Gesetzesänderung wäre übrigens mit einer Novelle des Denkens bei Gesetzgeber und Autofahrer. Es muss in die Birnen der Menschen, dass …

  • Recht uns nichts nützt, wenn wir es posthum erlangen
  • der Radfahrer IMMER den kürzeren zieht
  • der Radverkehr zugenommen hat und schneller geworden ist
  • der Autofahrer weiß, dass Radfahrer auf die Straße gehören

So wäre vielleicht es vielleicht sinnvoll bei der Verkehrserziehung anzufangen. Bei Klein und Groß muss der Gedanke greifen, dass Radfahrer kein lästiges Störfeuer für Autofahrer sind, sondern gleichwertige Straßenverkehrsteilnehmer. Vielleicht wäre sogar ein Hauch Bewunderung angebracht für Menschen, die nur durch Muskelkraft und völlig ohne schädliche Emissionen von A nach B kommen.

4 Antworten zu “Reförmchen für Radfahrer”

  1. Chris

    Ohne konzertierte AKtion, alle Städte und Gemeinden zu zwingen die Sinnhaftigkeit und Rechtmäßigkeit von zu engen oder zu gefährlichen Radwegen aktiv zu überprüfen wird ganz sicher eines passieren: NIX.
    Wer formuliert bitte solche windelweichen Regeln, die schon mit Einführung voll toleriert gebrochen werden dürfen.

  2. Biker

    Als Radfahrer weiß ich um den Zustand unserer Radwege.Als Autofahrer ärgert es mich maßlos, wenn Herren im mittleren Alter, ihren Bierbauch in ein buntes Leibchen zwängen und parallel zum Radweg auf einer Bundesstraße „Tour de France“ spielen.

  3. Jonas

    Die Regelungen gehen alle nicht weit genug!
    Radfahrer brauchen einen extra Streifen am Rande der Straße!
    Der Großteil der Radwege in Deutschland ist aus 4 Gründen unbefahrbar.
    1. Der Radfahrer wird dort von Autofahrern übersehen
    2.Der Radfahrer kann die Verkehrssituation nicht überblicken
    3.Fußgänger laufen auf dem Radweg
    4.Die Radwege sind von der Beschaffenheit her unbefahrbar, sie sind zu schmal, zu dreckig, zu kaputt und vollziehen unmöglich zu fahrende Kurven, oder hören einfach mal für 10 Meter auf und sind zu geparkt…

  4. Sebastian

    Ist zwar jetzt schon ne Weile alt, der Artikel, aber ich geb trotzdem noch mal meinen Senf dazu 🙂

    Ich finde die Autofahrer sind einfach nur Ignorant! Ich meine ich fahre mit meinem Rad auf einer Straße wo es nicht mal einen Radweg gibt, halte mich extra schön weit rechts um den Verkehr nicht zu behindern und obwohl die Autofahrer überhaupt nicht gestört werden, hupen sie mich noch fast aus dem Sattel, wenn sie an mir vorbei fahren. Ein Skandal!

    Wer Emmisionen einsparen will, muss den Radsport ehren, dass sehe ich auch so, schade das es keinen Sport-Umwelt-Minister gibt 😉

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